Das Neue Jahr beginne ich seit Jahren mit einem Wort, das mich begleitet und trägt. Nachdem ich drei Jahre den Impuls der Wahrhaftigkeit in mir lebendig gehalten habe, ist in diesem Jahr 2024 ein neuer Begriff gewachsen, den ich leben und pflegen möchte. Er lautet Begegnung. Ich meine damit, menschliche Begegnungen wahrzunehmen und dann intensive Gespräche zu führen. Menschen fallen mir dabei ein, die mein Leben sehr bereichert haben. Dass es lebendige, tiefe und berührende Gespräche werden, kann man im Voraus nicht planen. Das ist „La part de Dieu“, wie es ein Musiker sagte, der zwar seine Noten kennt, aber erfährt, dass bei jedem Spiel die Töne anders klingen. Entscheidend für gute Gespräche ist die innere Öffnung für den anderen, die Bereitschaft, die Botschaften des anderen nicht nur mit den Ohren zu hören, sondern mit dem Herzen. Der Mensch hat zwei Ohren und nur eine Zunge. Folglich sollte er mehr hören als sprechen, so las ich es einmal – ein sehr weiser Gedanke. „Ich bin, weil du bist“, dieses Wort von Martin Buber trage ich seit Jahren wie ein Mantra in meinem Herzen. Ich stelle meine Ansichten zur Disposition, höre auf die Worte und Impulse meines Nächsten, bringe seine Gedanken mit meinen zusammen und treffe daraus Entscheidungen für mein Leben. Wenn ich dann wichtige Entscheidungen für mein Leben zu treffen habe, gehe ich schließlich mit meinem Verstand, aber auch mit meinen Gefühlen zu Gott in die Stille, um mehr Klarheit zu gewinnen. Dieses Vor-und-bei-Gott-Sein gibt mir Mut und Entschlossenheit, auch wenn ich dabei die Erfahrung mache, dass Entscheidungen nie hundertprozentig ausfallen. Es gibt immer Restfragen, Unwägbarkeiten, Ängste und Unsicherheiten. Das ist so und bleibt so, solange wir Menschen auf dieser Erde sind.

Heute, am Samstag, den 10.02.24, bin ich bei meinen Eltern in meiner Heimatstadt Ennigerloh. Gestern Abend bin ich schon früh eingetroffen, so dass ich den Abend mit ihnen verbringen konnte. Ich darf mit meinen Eltern schon so viele Jahre in Gottes wunderbarer Schöpfung leben. Das mache ich mir bei jeder Begegnung bewusst. Es ist ein Segen, ein unsagbares Geschenk und keineswegs selbstverständlich. Dankbarkeit ist der Schlüssel zum Leben.
Im Laufe des Tages werde ich mit meinen Eltern die Mahlzeiten einnehmen und wir werden dabei vom Leben erzählen. Heute Abend werde ich mit meinem Vater die Bundesliga anschauen und dazwischen werde ich zwei Menschen besuchen, die in meinem Leben eine maßgebliche Rolle gespielt haben und spielen – meinen Religionslehrer und meine Mathematiklehrerin. Begegnung – so heißt ja mein Jahreswort, das gelebt werden will, also fange ich gleich damit an.
Nun bin ich zurück von den Gesprächen, die mich gestärkt und erfüllt haben. Mein Religionslehrer machte deutlich, dass er mit der Institution Kirche abgeschlossen habe. Die Unehrlichkeit und menschliche Kälte, der anhaltende Klerikalismus und die Härte gegenüber Menschen, die das Böse und Zwiespältige in der Kirche anprangern und beim Namen nennen, das sei kaum noch auszuhalten. Seelsorger sein, den Menschen beistehen in den Nöten des Lebens und im Sterben, das lebe er nach wie vor und fände darin selber Tiefe, Trost und Hoffnung für sein eigenes Leben. Ich spürte, wie nah wir uns da sind.
Meine Mathematiklehrerin erzählte mir, dass für sie das, was aus mir nach meinem schweren Autounfall als Kind geworden ist, eines der größten Wunder sei.
„Heute sitzen wir zusammen, du bist so belesen, hast dir soviel angeeignet und gehst aufrecht und entschlossen deinen Weg. Nie hätte ich das für möglich gehalten. Für mich ist es eines der größten Wunder, die ich auf meinem Weg erlebt habe“, das waren ihre Worte.
Beide Begegnungen waren für mich wie Balsam für meine Seele. Die Worte dieser liebenden Menschen richten mich auf und zeigen mir, wie froh ein Mensch einen anderen Menschen machen kann, wenn er zugeneigt ist und gute Worte findet.
Suchen Sie doch auch die Menschen auf, die Ihr Leben reicher machen. Eine solche Zeit wohltuender Begegnung schenkt unendlich viel Freude. Die Begegnungen mit meinem Religionslehrer und meiner Mathematiklehrerin sind für mich der Impuls, regelmäßig Menschen aufzusuchen, die mein Leben froh, glücklich, dankbar und nachdenklich machen. „Ich bin, weil du bist!“ – Martin Buber, du hast recht.

Begegnungen - mein Religionslehrer - meine Mathematiklehrerin

Euer / Ihr

Thomas Laufmöller

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